Die Geldmarktpolitik und der Wahlzyklus

Wenn es um wirtschaftspolitische Entscheidungen geht, schieben sich der Finanzminister und die Bank of England den sprichwörtlichen „Schwarzen Peter“ gegenseitig zu. Dieses Arrangement gibt es, weil die Politiker in einer modernen Demokratie zwar das letzte Wort haben sollten, aber, um allzu populistische Entscheidungen zu vermeiden, durch eine unabhängige Notenbank gebremst werden müssen.

Momentan prallen diese beiden Welten aber ganz offensichtlich mit voller Wucht aufeinander. So erschien beispielsweise Mark Carney, der designierte Chef der Bank of England, kürzlich vor dem Finanzausschuss des britischen Unterhauses. Dies wird den Märkten und den Politikern hoffentlich einen Vorgeschmack darauf geben, wie er die Probleme, vor denen die Bank of England angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise in Großbritannien zurzeit steht, angehen möchte. Doch welchen geldmarktpolitischen Ansatz wird Carney umsetzen? Steht er eher für eine expansive oder restriktive Monetärpolitik?

Er wurde von einem Finanzminister berufen, der sich vermutlich im Sinne des Landes eine Konjunkturerholung wünscht (zumal eine solche Konjunkturerholung wohl auch dafür sorgen wird, dass seine Partei an der Regierung und er im Amt bleiben). Deshalb kann man durchaus annehmen, dass die Unterlagen jedes seriösen deutschen Notenbankers, der sich auf diese Position beworben hätte, umgehend in den Papierkorb gewandert wären.

Aus diesem Grund kann man davon ausgehen, dass Carney auch vor dem Hintergrund, dass ein gewisser Konjunkturaufschwung im jetzigen Stadium des Wahlzyklus sehr wichtig ist, ausgewählt wurde. So hat Osbourne die Bank of England gestern in der Tat dazu aufgefordert, eine lockerere Monetärpolitik umzusetzen.

Im Laufe der Jahre haben die britischen Politiker die Fiskal- und Geldmarktpolitik immer wieder für ihre Zwecke genutzt. Haben wir uns nicht 1990 nur deswegen dem Wechselkursmechanismus ERM angeschlossen, um die Zinsen zu drücken, damit die Konservativen bei der Wahl 1992 an der Macht bleiben? Während der ersten Amtszeit von Tony Blair 1997 sorgte eine Verschärfung der Geldmarktpolitik in Form des von der Bank of England eingeführten Inflationsziels dann dafür, dass die konjunkturelle Entwicklung an den Wahlzyklus angepasst wurde. Und ebenso verlieh auch die Ankündigung einer Änderung desVerbraucherpreisindexes durch Gordon Brown im Jahr 2003 der Wirtschaft im Vorfeld der 2005 anstehenden Wahlen einen durchaus praktischen geldmarktpolitischen Schub. Da es bis zur nächsten Wahl noch ein paar Jahre dauert und geldmarktpolitische Maßnahmen in der Regel mit einer Verzögerung von 18 Monaten wirken, stellt sich nun die Frage, zu welchen Mitteln der Finanzminister dieses Mal greifen wird bis zur Wahl in zwei Jahren greifen wird.

Deshalb ist der Zeitpunkt für ihn momentan ideal, um an der Geldmarktpolitik herumzudoktern. Denn dank der Wachablösung bei der Bank of England kann er sich nun mit dem neuen Notenbankchef zusammentun und Reformen einleiten, die der Konjunktur zugute kommen und dadurch gleichzeitig seine Chancen auf eine Wiederwahl erhöhen. Der einfachste Weg, die Wirtschaft kurzfristig anzukurbeln, wäre eine Modifikation des Inflationsziels – entweder ganz offen oder aber im Verborgenen (wie beispielsweise bei der jüngsten Reformierung der Berechnungsmethoden für die RPI und die CPI).

Im nächsten Jahr könnten die Märkte deshalb von einem Finanzminister, der die zurzeit seitwärts tendierende Wirtschaft aus rein politischen Gründen ankurbelt, und einem neuen Notenbankchef, der bestrebt ist, mit seiner Arbeit zu überzeugen, durchaus überrascht werden. Diese beiden könnten nämlich gemeinsam daran arbeiten, das Wachstum und die Inflation mittels einer expliziten Lockerung des britischen Inflationsziels nach oben zu treiben.

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Richard Woolnough

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