„Rufen Sie nicht uns an, wir rufen Sie an“

Wir haben uns bereits mehrfach zu den Call-Modalitäten von Bankanleihen geäußert und weisen schon seit langem darauf hin, dass Anleger und Emittenten diese Wertpapiere eher unter ökonomischen als unter emotionalen Gesichtspunkten bewerten sollten (detaillierte Informationen darüber finden Sie in Jims Blogkommentar, in dem er darüber berichtet, dass die Deutsche Bank im Jahr 2008 als erstes Kreditinstitut eine Call-Option für eine Lower Tier 2-Anleihe nicht gezogen hat).

Allerdings waren sogar wir überrascht, als Intesa SanPaolo Ende letzter Woche mitteilte, die Modalitäten einiger  kündbarer (’callable‘), nachrangiger Anleihen modifizieren zu wollen, indem man die Call-Option bei all diesen Anleihen entfernt.

Die Vertragsbedingungen von Wertpapieren sind für Anleiheninvestoren eigentlich unantastbar. Wir befürchten natürlich, dass eine solche Veränderung eines Kontraktes unsere Rechtsansprüche beschneiden und den Wert der von uns gehaltenen Papiere mindern könnte. Aus diesem Grund werden ja auch mit großer Sorgfalt Anleihendokumentationen erstellt. Gleichzeitig fungiert ein Treuhänder im Allgemeinen als eine Art Schiedsmann, der die Interessen sowohl des Emittenten als auch der Anleger schützen soll. Aber wie kann der Treuhänder Intesa gestatten, die Konditionen seiner Anleihen zu modifizieren?

Die schlichte Entfernung der Call-Option aus den Anleihenbedingungen ist für Anleger zunächst einmal kein Nachteil. Denn falls jemand eine Option gegen dich hält und diese aus den Vereinbarungen streicht, Logik und der gesunde Menschenverstand sollten zu dem Schluss gelangen, dass sich die Lage des Anlegers gar nicht verschlimmert hat und sich lediglich die Position der Gegenpartei, die die Option gegen die andere Partei aufgekündigt hat, geschwächt hat. In der Theorie sind Sie als Anleiheninvestor  besser gestellt. Warum sollte man sich also beschweren?

Dass Anleger in solchen Wertpapieren aber trotzdem beunruhigt sind, liegt daran, dass sie gehofft hatten, dass die Call-Optionen bei den Anleihen allein aus Reputationsgründen gezogen werden, um sie zufrieden zu stellen. Denn häufig betrachten Emittenten von Bankenanleihen die langfristige Imagepflege im Hinblick auf ihre Finanzierungslage als ausreichend lauten „Aufruf“ (bitte entschuldigen Sie dieses Wortspiel), um solche Papiere per Option zu kündigen.

Zu den Firmen, welche die Call-Optionen auf ihre Wertpapiere in der Vergangenheit üblicherweise verstreichen haben lassen, zählen insbesondere Unternehmen wie JP Morgan, die Deutsche Bank und die US Bancorp. Doch keine dieser Banken hat in diesem Zusammenhang eine Call-Option aus den Vertragsbedingungen ganz streichen lassen, weil sich eine solche Maßnahme für sie als abträglich erweisen könnte. Der Umstand, dass diese Banken weiterhin besitzen erlaubt ihnen,  wie in dieser Woche bei nachrangigen Anleihen der US Bancorp der Fall, ökonomisch effizient Call-Optionen zu ziehen. Die „Nicht-Abrufer“ können ihren Finanzierungsbedarf auch weiterhin decken und interagieren weiterhin mit Investoren, deren Anleihenpositionen die Erwartungen nicht erfüllt haben.

In diesen schwierigen Zeiten sind Banken also offenbar eher gewillt, unter vornehmlich ökonomischen Gesichtspunkten zu agieren. Dadurch schwinden jedoch die Hoffnungen, die sich im Bewertungsniveau kündbarer Anleihen zuletzt widergespiegelt haben. Die Investor Relations-Abteilungen der Banken folgten bisher stets dem Motto „Don’t call us, we’ll call you“– eine Parole, die immer altmodischer erscheint.

Der Wert der Vermögenswerte des Fonds und die daraus resultierenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.

Richard Woolnough

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