Die „fiskalische Klippe“ ist zwar sicherlich beunruhigend, doch dieses Problem wird wahrscheinlich gelöst werden – ignorieren Sie deshalb nicht die extrem positiven Entwicklungen am US-Immobilienmarkt

Zwar bestehen für die US-Wirtschaft derzeit einige große Risiken, viel wichtiger könnte 2013 aber die Möglichkeit einer erfreulichen Überraschung am US-Immobilienmarkt und – damit verbunden – eines kräftigen Beschäftigungswachstum in den USA sein.

Der Schaden, den die „fiskalische Klippe“ anrichtet, ist zurzeit noch hauptsächlich psychologischer Natur, weil die Unternehmen davon abgehalten werden, Investitionen zu tätigen und neue Mitarbeiter einzustellen. Das Sprichwort, bei dem es um eine Freizeitbetätigung unter Berücksichtigung eines Instruments zur Zeitmessung geht, darf ich an dieser Stelle nicht benutzen, weil wir hier im Büro ein „Phrasen-Schwein“ haben und mich diese Redewendung einiges kosten würde. Allerdings handelt es sich dabei um eine einleuchtende und wahrscheinlich auch um die einzige Lösung für dieses Problem. Denn die Schulden der USA sind inzwischen viel zu hoch, als dass irgendein Politiker damit fertig werden könnte. Deshalb wird es irgendwann wohl zu einer Art Zahlungsausfall (sofern die Nichtbedingung von Rentenansprüchen oder Gesundheitsleistungen nicht möglich ist, dann zumindest gegenüber den Anleiheninvestoren) oder Abwertung (in Form einer Währungsabwertung oder einer Inflation) kommen.

Da die „fiskalische Klippe“ momentan im Fokus steht, schenkt man den unserer Meinung nach äußerst positiven Entwicklungen in anderen Segmenten der US-Wirtschaft derzeit kaum Aufmerksamkeit. Dies gilt vor allem für die Tendenz des Immobilienmarktes, über die wir bereits im September berichtet hatten. Seitdem im Jahr 2007 immer mehr Subprime-Hypothekenkredite in Verzug geraten sind und die Kreditblase schließlich zum Platzen gebracht haben, war der US-Immobilienmarkt das Epizentrum der globalen Finanzkrise. Es waren einfach zu viele Häuser gebaut worden, und in Verbindung mit Zwangsvollstreckungen und sinkenden realen Einkommen führten die hohen Bestände an unverkauften Objekten dazu, dass die Immobilienpreise deutlich sanken. In der Folge brach dann das Bankensystem zusammen, und im Bausektor ging eine Vielzahl von Arbeitsplätzen verloren. So sank die Zahl der Beschäftigten in der US-Baubranche von ihrem Höchststand von 7,7 Millionen aus dem Jahr 2006 bis Anfang 2010 um 2,2 Millionen. Inzwischen sehen wir am US-Immobilienmarkt aber viele positive Signale, und ebenso wie der Absturz dieses Sektors seinerzeit negative Multiplikatoren-Effekte auf die Wirtschaft hatte, könnte im nächsten Jahr genau das Gegenteil eintreten.


Im Jahr 2007 war die nachfolgende Grafik für uns sehr wichtig, veranlasste sie uns doch damals dazu, in den USA nicht nur schwaches Wachstum, sondern eine ausgewachsene Rezession zu erwarten, die in der Bankenbranche immensen Schaden verursachen würde. Diese Grafik belegte nämlich, dass die enorm hohe Zahl überschüssiger Wohnimmobilien das Angebot in den USA seinerzeit dermaßen nach oben getrieben hat, dass die Bedarfsdeckung von vormals rund vier Monaten auf mehr als sieben Monate angestiegen war. Diese Kennzahl wird historisch jedoch als Frühindikator für eine Rezession betrachtet. Anschließend kletterte die Zahl der unverkauften Objekte sogar noch weiter auf eine Bedarfsdeckung von über sieben Monaten nach oben, bevor sie im Jahr 2008 schließlich sogar ein Niveau von einem Jahr erreichte – Vorbote für ein US-BIP, das im Vergleich zum Vorjahr um 4% gesunken ist. Mittlerweile erkennt man aber, dass die Objektbestände am Wohnimmobilienmarkt deutlich zurückgehen. Deshalb sollte die US-Wirtschaft auch weiterhin ein positives Wachstum vorlegen. Ausgehend von diesem Niveau sollten auch die Bauaktivitäten wieder anziehen – und damit einen extrem starken Multiplikatoren-Effekt ausüben.


Gibt es am US-Immobilienmarkt auch noch mehr Gründe zur Freude? Nun, da wären die Immobilienpreise, die auf Basis des S&P/Case-Shiller-Index seit März dieses Jahres angestiegen sind (trotzdem sind Immobilien immer noch „preiswert“, denn auf nominaler Basis liegen die Preise 30% unter ihren Höchstständen – auf realer Basis sind sie sogar noch günstiger). Dadurch könnte die negative Stimmung im Hinblick auf diesen Sektor etwas nachlassen – schließlich möchte niemand bei fallenden Marktpreisen kaufen. Darüber hinaus hat die US-Notenbank im Rahmen ihres quantitativen Lockerungsprogramms anstelle von US-Staatsanleihen fast ausschließlich hypothekarisch besicherte Anleihen aufgekauft. Dies sollte letztlich dazu beitragen, dass der Transmissionsmechanismus wieder funktioniert. Theoretisch sollten amerikanische Hypothekeninvestoren nun also in der Lage sein, bestehende Hypotheken mit hohen Zinsen durch neue, zinsgünstigere Kredite zu refinanzieren. Bisher ist dies jedoch noch nicht geschehen, weil sich die Banken inzwischen mehr Zeit für den „Papierkram“ lassen (lustigerweise ist nämlich die Zeit, die zwischen einer Kreditzusage und dem formellen Abschluss vergeht, von einem Monat auf drei Monate angestiegen). Gleichzeitig sind die Standards für die Vergabe neuer Hypothekenkredite häufig strenger als bei bereits bestehenden Hypotheken. Momentan liegen die Hypothekenzinsen bei rund 3,31%, (und damit auf einem Rekordtief). Doch wie bereits 2011 sitzen immer noch etwa 28 Millionen Amerikaner (diese Zahl ist mittlerweile möglicherweise gesunken) auf Hypotheken, deren Zinsen mehr als 1% über dem aktuellen Zinssatz liegen – theoretisch könnten also alle diese Kredite refinanziert werden. Natürlich könnte man dies für eine schlechte Nachricht halten – dahinter verbirgt sich aber ein potenzieller Mitnahmeeffekt für die Konsumenten, sofern der Transmissionseffekt wieder funktioniert (denn niedrigere Zinszahlungen entsprechen einer höheren Kaufkraft). Deshalb konzentriert sich die US-Notenbank inzwischen auch darauf, diesen Transmissionsmechanismus wieder ans Laufen zu bekommen. Es wird also aufwärts gehen.


Wenn die Immobilienpreise in den USA aber tatsächlich so attraktiv und die Hypothekenzinsen gesunken sind, während die Nachfrage im Vergleich zum derzeit niedrigen Angebot gleichzeitig steigt, wie stark können dann die Folgen einer solchen Entwicklung sein? Nun, wie stark der negative Effekt nach 2007 war, haben wir ja gesehen – und die Multiplikatoren, die aus dem Bau von Immobilien und der Gründung von Haushalten (also durch Menschen, die infolge des Bevölkerungswachstums und des Immigrationstrends erstmals einen eigenen Haushalt gründen oder aus dem elterlichen Zuhause ausziehen) resultieren, sind in der Tat sehr stark. So könnte ein Neubrauprojekt beispielsweise zur Folge haben, dass ein Bauunternehmer mehr Arbeitnehmer einstellt. Diese wiederum würden dann Kleintransporter und Bohrmaschinen erwerben, ihren Lohn in ihrem Stadtviertel ausgeben sowie Zement (hoffentlich von Cemex, einem High Yield-Unternehmen, das uns gefällt!) und Holz kaufen. Und die Menschen, die dann schließlich in die neuen Häuser einziehen werden, würden Teppiche und Flachbild-Fernseher erwerben. (Muss man „Flachbildschirm“ eigentlich immer noch dazu sagen, wenn man über Fernseher spricht? Wahrscheinlich nicht.) Das Australian Bureau of Statistics (ABS) hat die Multiplikatoren im Bausektor im Jahr 2002 berechnet. Dabei hat man festgestellt, dass es stets einen Auslöser (einen Anstieg der Beschäftigung von Bauarbeitern und deren Arbeitsleistung), einen unmittelbaren Effekt (eine höhere Zahl von Beschäftigten sowie eine gestiegene Arbeitsleistung in jenen Segmenten, die in der Baubranche benötigte Güter und Dienstleistungen produzieren), einen positiven Effekt für die Industrie (einen Anstieg der Produktion bei den Zulieferern jener Firmen, die unmittelbar von dem Aufwärtstrend profitieren) sowie einen konsuminduzierten Effekt (steigende Konsumausgaben aufgrund des durch diese Entwicklung ausgelösten Lohnwachstums) gab. Das ABS hat außerdem ermittelt, dass jede Million US-Dollar, die für Baumaßnahmen ausgegeben wird, eine Gesamtwirtschaftsleistung in Höhe von 2,9 Million US-Dollar zur Folge hat. Darüber hinaus werden in der Baubranche dadurch 13,5 und in der Gesamtwirtschaft sogar 55,5 Arbeitsplätze geschaffen (ich habe den Zuwachs an Arbeitsplätzen aus dem Beispiel der Australier abgeleitet, die ursprünglich natürlich in Australischen Dollar gerechnet haben). Zwar warnte das ABS davon, die tatsächlichen Auswirkungen dieser Multiplikatoren bitte nicht zu überschätzen – und natürlich ist Australien auch nicht Amerika – doch diese Zahlen illustrieren immerhin das Potenzial des Immobilien- und Bausektors und könnten Sie für die Tendenz der US-Wirtschaft in den nächsten Jahren sehr zuversichtlich stimmen.

Dies bringt mich zu meinem abschließenden Punkt, der mit diesem Thema eigentlich kaum etwas zu tun hat: In der letzten Woche habe ich mich mit George Trefgarne, dem ehemaligen Wirtschaftsredakteur des „Daily Telegraph“ und dem Autor von „Metroboom“, einer Publikation über die Erholung Großbritanniens von der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, auf einen Kaffee getroffen. Man kann darüber streiten, ob es der Sparkurs oder aber die Abwertung der Währung war, die Großbritannien damals aus der Depression herausgeführt hat – doch die Wohnungsbauinitiativen haben sicherlich auch dazu beigetragen. So ist die Bautätigkeit zwischen 1931 und 1939 von ehemals 200.000 Objekten (im Jahr 1936) auf mehr als 350.000 neue Wohnimmobilien pro Jahr angestiegen. Im Vergleich dazu werden in Großbritannien heutzutage – trotz der wesentlich höheren Bevölkerungszahl – pro Jahr weniger als 150.000 Häuser gebaut, obwohl die Mieten steigen und erschwinglicher Wohnraum immer noch sehr knapp ist. Gewissermaßen haben wir damit aber auch Glück, denn schließlich bietet uns dies eine Möglichkeit, das momentan schwache Wachstum in Großbritannien anzuregen: Lassen Sie uns einfach die Bautätigkeit ankurbeln (indem Einschränkungen im Planungs- und Genehmigungsverfahren gelockert und Bauunternehmer dazu ermutigen werden, Bauland zu nutzen). Sofern man sich in der Lage Spaniens befindet und über ein enormes Überangebot an Immobilien verfügt, ist dies natürlich kein Weg aus der andauernden Krise – für Großbritannien oder die USA könnte der Bau neuer Immobilien aber die Antwort darauf sein.

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Jim Leaviss

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