Wir haben uns vor Kurzem in einem unserer Blogs mit der enttäuschenden Performance vieler festverzinslicher Anlageklassen im Jahr 2015 beschäftigt. Investment-Grade-Unternehmensanleihen hatten mit Sicherheit ein schwieriges Jahr. Tendenziell weiteten sich die Spreads sowohl am USD- als auch im EUR-Markt. Der Blick auf die optionsadjustierten Spreads (Option-Adjusted Spread, OAS) zeigt, dass USD-Unternehmensanleihen mit Investment Grad (IG) mit +29 Bp gegenüber EUR IG-Unternehmensanleihen (+36 Bp) über das Jahr 2015 eine knappe Outperformance verzeichnet haben. In beiden Fällen waren die Perioden mit Verengungen kurz und auf das 1. und 4. Quartal beschränkt. Sie konnten den erheblichen Spread-Ausweitungen im 2. und 3. Quartal nichts entgegensetzen (siehe folgenden Chart).
Der Ausverkauf in Q2 und Q3 wurde durch die Kombination aus einem hohen Neuemissionsvolumen und der gedämpften Nachfrage nach Unternehmensanleihen verursacht. Die Anleger steuerten im Anschluss an einige kritische Episoden wie das griechische Referendum, die Sorgen um China und andere Schwellenmärkte sowie die schwachen Rohstoffpreise sichere Häfen an. Die beiden letztgenannten Themen haben die Nachrichten auch zu Jahresanfang 2016 geprägt und die IG-OAS-Niveaus haben sich in der ersten Januarhälfte erneut geweitet (+16 Bp für USD IG und +13 Bp für EUR IG).
Ist es aber angemessen zu argumentieren, dass IG-Unternehmensanleihen nun attraktiver bewertet sind als gegen Ende 2014? Oder aber wurden die Anleihenindex-Niveaus insgesamt lediglich von den extremen Spread-Bewegungen innerhalb des Rohstoffbereichs angetrieben? Um diesen Sachverhalt zu verstehen, müssen wir zunächst die Anleihenindizes in Branchensektoren aufgliedern (siehe folgenden Chart).
Wenig überraschend waren Energie und vor allem der Grundstoffsektor im USD-IG-Universum die Sektoren mit der schlechtesten Wertentwicklung. Sie haben sich auf OAS-Basis von Ende 2014 bis Mitte Januar 2016 um 101 Bp bzw. 191 Bp geweitet. Ohne Frage sind diese Bewegungen erheblich. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass auch andere Sektoren signifikante Ausverkäufe über denselben Zeitraum erlebt haben, beispielsweise Medien (+72 Bp), der Automobilsektor (+67 Bp) oder Finanzdienstleister (+54 Bp). Tatsächlich ist der Bankensektor der einzige Bereich, der sich nur um weniger als 20 Bp geweitet hat (+18 Bp). Hier spiegelt sich, dass die US-Banken in einem Umfeld mit steigenden Zinsen gut positioniert sind. Die Zahlen insgesamt sprechen für sich: Spread-Ausweitungen betrafen jeden einzelnen Sektor im USD IG-Universum, wenn auch das Ausmaß jeweils unterschiedlich war.
Wie bei IG-Unternehmensanleihen in USD haben sich zwischen Ende 2014 und Mitte Januar 2016 auch sämtliche Sektoren im EUR IG-Segment (siehe den Chart unten) auf OAS-Basis geweitet. Der Grundstoffsektor war dabei mit +190 Bp mit großem Abstand das Schlusslicht. Er ist nun der weiteste Sektor im EUR IG-Universum. Da kann selbst der Versicherungssektor nicht mithalten (+70 Bp), der verglichen mit dem Rest des Index auf einem erhöhten Spread-Niveau gehandelt hat. Dies liegt an der hier großen Zahl an nachrangigen Anleihen und der Unsicherheit im Zusammenhang mit den Solvenzauflagen (Solvency II). Der Automobilsektor hatte mit +82 Bp die zweitschlechteste Performance. Die Branche litt unter der konjunkturellen Abkühlung in China und den Folgen des VW-Abgasskandals.
Interessanterweise konnte der EUR IG-Energiesektor (+27 Bp) im Vergleich zu seinem USD-Pendant (+101 Bp) im Zeitraum von Ende 2014 bis Mitte Januar 2016 eine sehr gute Performance verzeichnen. In 2015 war Energie der einzige Sektor in beiden IG-Indizes mit OAS-Kompression (-10 Bp)! Dafür sind zwei Gründe verantwortlich: Erstens begann der EUR IG-Sektor das Jahr 2015 auf einem bereits hohen Spread-Niveau (178 Bp) relativ zum EUR IG-Index (97 Bp). Es kam dann zu einer deutlichen Verengung, als sich der Ölpreis im März und April des letzten Jahres kurzfristig erholte. Zweitens ist das relative Kreditrating im EUR IG-Energieuniversum relativ hoch, da es von AA- und A-Emissionen dominiert wird und deutlich weniger BBB-Titel enthält als der USD IG-Energiesektor. Die Ausweitung der EUR IG-Energie-Spreads während der Episoden mit einer mehr risikoscheuen Marktstimmung in Q2 und Q3 2015 wurde somit durch die „Flucht in Qualität“ gedämpft. Die Anleger bevorzugten IG-Unternehmensanleihen mit höheren Ratings.
Wie bereits erwähnt, bieten USD und EUR IG-Unternehmensanleihen im Anschluss an die Spread-Ausweitungen in allen Sektoren den Anlegern nun deutlich höhere Credit Spreads als gegen Ende 2014. In bestimmten Marktnischen, insbesondere langlaufende USD BBBs, sind die gegenwärtigen Spread-Niveaus für eine krisenfreie Zeit außergewöhnlich hoch. Wir können also entweder glauben, dass die jüngsten Markttumulte erst der Anfang waren. In diesem Fall würden wir eine weitere Ausweitung der IG Credit Spreads oder sogar ein Blow-out auf ein Niveau wie in 2021/12 erwarten. Oder aber wir denken, dass die entwickelten Märkte trotz bestimmter Schwierigkeiten, die im Moment ein risikoscheues Marktklima verursachen, auf absehbare nicht in eine ausgeprägte Rezession eintreten werden. In diesem Fall würden EUR und USD IG-Unternehmensanleihen attraktive Bewertungen bieten. Angesichts der Stärke der US-Wirtschaft und insbesondere des Arbeitsmarktes – siehe Richards gestrigen Blog – sowie den wirtschaftlichen Verbesserungen und der entgegenkommenden Geldpolitik in Europa glauben wir, dass das zweite Szenario wesentlich wahrscheinlicher ist.
Im Augenblick sorgt sich so manch einer um den Zustand der US-amerikanischen Wirtschaft und ihre Fähigkeit, dem Preisverfall bei Öl und anderen Rohstoffen die Stirn zu bieten, der Konjunkturabkühlung in China zu begegnen oder die Zinserhöhung um einen Viertelpunkt (ja, ein Viertelpunkt!) zu verdauen. Wie erst, angesichts der gegenwärtigen Marktstimmung, wird eine Verdoppelung der Fed-Leitzinsen auf die Gemüter schlagen?
Die Spreads bei Hochzinsanleihen sind nahe dem Rezessionsniveau, doch ist dies durch den Energiesektor verzerrt. Die Herstellungsseite der Wirtschaft ist eindeutig auf dem absteigenden Ast, doch ist der Dienstleistungssektor für das US-Wachstum von größerer Bedeutung und zeigt eine deutlich bessere Performance (auch wenn der ISM Dienstleistungsindex noch weit von den Höchstmarken der jüngsten Zeit entfernt ist). Die US-Renditestrukturkurve ist noch lange nicht invers, was historisch betrachtet ein Hinweis auf eine Rezession ist, doch hat sie sich abgeflacht und muss steiler werden.
Wir denken, dass die Fed weiterhin auf einem Zinserhöhungskurs liegt. Sie sollte sich denn auch auf jene Daten konzentrieren, die auf eine Stärkung des Arbeitsmarktes deuten.
Sollten die Aussichten aus Perspektive der Industrieproduktion düster sein, so würden die Unternehmen auf eine traditionelle Antwort zurückgreifen Mitarbeiter feuern. Die Grafik weiter unten zeigt, dass der Privatsektor in den letzten 15 Jahren prozentual am wenigsten gefeuert hat. Dies ist ein Zeichen für die nachhaltige Arbeitsmarktstärke und die nur wenigen Stelleneinsparungen deuten auf einen anhaltenden und gesunden Trend bei den Arbeitslosenzahlen.
Wirtschaftwissenschaftler sprechen in ihren Analysen der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsstärke von dem „natürlichen“ Niveau der Arbeitslosigkeit. In diesem Kontext könnte man annehmen, dass eine „natürliche“ Schallgrenze für den Stellenabbau existiert, die von einer Volkswirtschaft nicht unterschritten werden darf. Letztendlich wird es immer Not leidende Arbeitgeber geben, die an einem Stellenabbau nicht vorbeikommen. Aus dem obigen Chart könnte sich schließen lassen, dass eine natürliche Rate um die 0,02% liegt. In diesem Zusammenhang wäre der US-Arbeitsmarkt also in einer weiterhin starken Position.
Stünde die US-Wirtschaft kurz vor einer Rezession, dann hätten wir sicherlich mittlerweile einige Anzeichen gesehen. Schließlich ist Öl seit mittlerweile mehr als einem Jahr und der chinesische Aktienmarkt seit neun Monaten in einer Baisse. Rohstoffe aus dem Bergbausektor dümpeln bereits seit zwei Jahren vor sich hin und die kleine Zinserhöhung der Fed kam mit Verspätung und wurde eh seit Langem erwartet.
Die ökonomische Realität ist, dass fallende Ölpreise der Wirtschaft helfen, fallende Rohstoffpreise mehr ein Angebots- als ein Nachfragethema sind, die chinesische Wirtschaft keinen signifikanten Input in die US-Wirtschaft hat und die Politik der Fed auch weiterhin außergewöhnlich entgegenkommend ist. Aktienmärkte, Rohstoffmärkte und die weitere Wirtschaft marschieren nicht immer im Gleichschritt. Die Fed sollte ihren Fokus nicht auf diese Indikatoren richten. Das Mandat der Notenbank ist es, sich nicht auf den Aktien- oder Rohstoffmarkt, sondern auf den Arbeitsmarkt zu konzentrieren. Die Fed sollte deshalb wachsam sein und sich nicht durch Marktgeräusche ablenken lassen, die keine einschneidenden langfristigen Effekte auf die Inflation oder kurzfristige Folgen für den Arbeitsmarkt haben.
Vor einem Jahr hob die Schweizerische Nationalbank (SNB) überraschend die Wechselkursbindung des Schweizer Franken an den Euro auf, was heftige Bewegungen an den Devisenmärkten auslöste. Anlässlich des Jahrestags dieser Aufhebung könnte es interessant sein, sich einmal anzuschauen, wie sich die Schweizer Wirtschaft in den letzten zwölf Monaten entwickelt hat.
Schweizer Wirtschaft 2015 ist robust, aber nicht immun
Die Schweizer Wirtschaft hat sich 2015 als recht widerstandsfähig erwiesen: Trotz Deflation und einem starken Schweizer Franken – Faktoren, die eine Exportnation in der Regel stark belasten – wurde ein stabiles Wachstum mit niedriger Arbeitslosenquote verzeichnet. Wie die SNB in ihrer jüngsten geldpolitischen Lagemitteilung feststellte, ist diese Entwicklung u. a. auf die weiterhin starke Auslandsnachfrage nach Schweizer Waren und Dienstleistungen sowie die anhaltend robuste Inlandsnachfrage zurückzuführen, wobei die höheren Reallöhne sicherlich eine Rolle gespielt haben.
Wenn ich mir die Schweizer Wirtschaftsdaten auf meinem Bloomberg-Monitor anschaue, sieht die Situation stellenweise allerdings nicht so rosig aus. Auch wenn man die Daten eines so kurzen Zeitraums tunlichst nicht überinterpretieren sollte, so lassen einige Zahlen doch auf eine Abschwächung seit Aufhebung der Währungsbindung schließen, was ein potenzielles Abwärtsrisiko für die Wirtschaft des Landes bedeutet.
Während die EZB alles daran setzt, um die Inflation in den Nachbarländern der Schweiz zu beleben, befand sich die Schweizer Wirtschaft in den letzten vier Jahren überwiegend in einer Deflation. Die Aufhebung der Euro-Bindung hat die Situation noch verschärft, da sie die Kaufkraft des Schweizer Franken erhöht und dazu beigetragen hat, dass die Verbraucherpreisinflation noch weiter nach unten auf -1,3% gedrückt wurde. Gleichzeitig sinken die Arbeitslosenzahlen in der Eurozone weiter, nehmen aber in der Schweiz – wenn auch von einem sehr niedrigen Ausgangspunkt aus – allmählich zu, nachdem sie sich zuvor zwei Jahre lang stabil entwickelt hatten. Dies zeigte auch die jüngste Umfrage zur Konsumentenstimmung des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, laut der das Vertrauen in die Arbeitsplatzsicherheit zurückgegangen ist. Interessanterweise ist das Vertrauen seit Aufhebung des Euro-Mindestkurses von -6 Punkten Anfang letzten Jahres auf -18 gesunken. Dieser Wert liegt deutlich unter dem historischen Durchschnitt von -9 Punkten.
Auch die zuletzt veröffentlichten Tourismuszahlen zur Sommersaison belegen eine direkte Auswirkung des stärkeren Schweizer Franken. Nach Angaben des Schweizer Bundesamtes für Statistik ist die Logiernächtezahl europäischer Reisender gegenüber 2014 um 741.000 (-10,9%) zurückgegangen. Einen Großteil dieses Rückgangs entfällt auf deutsche Touristen, bei denen die Übernachtungen um 358.000 (-15,1%) eingebrochen sind. Das Plus, das bei Reisenden aus Asien und den USA verzeichnet wurde, reichte nicht aus, um den Nachfragerückgang aus den Schweizer Nachbarländern zu kompensieren.
Die Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro im Januar 2015 machte das Land nicht nur für Besucher aus der Eurozone weniger attraktiv, sondern führte dazu, dass die Schweizer selbst mehr Geld im Ausland ausgeben. Die Schweiz ist eng mit ihren Nachbarländern verbunden, und zwar nicht nur durch starke Beziehungen, sondern auch dank der offenen Grenzen. Das benachbarte Ausland ist häufig in weniger als einer Stunde zu erreichen – u. a. bequem mit dem Zug. Es überrascht nicht, dass das Shopping im Ausland für die Schweizer durch die stärkere Währung attraktiver wurde. Laut Credit Suisse sind die Auslandseinkäufe um 8% gestiegen. Im Inland ist der Einzelhandelsumsatz hingegen in den ersten elf Monaten des Jahres 2015 um 2,1% gesunken.
Weniger Vertrauen in die SNB
Die jüngste Inflationsumfrage von M&G und YouGov, in der wir Verbraucher auch zu ihrem Vertrauen in die Zentralbanken befragten, zeigt, dass das Vertrauen in die SNB nachlässt. Es ist in die Politik der SNB heute um 9 Prozentpunkte niedriger als noch vor einem Jahr – ein klarer Hinweis darauf, dass die Schweizer Verbraucher sich des Drucks bewusst sind, der auf SNB-Präsident Thomas Jordan und seinem Team lastet.
Der jüngst vermeldete Rekordverlust der Nationalbank in Höhe von 23 Mrd. CHF, der fast ausschließlich auf das Konto von Verlusten aus dem Fremdwährungsportfolio der SNB geht, dürfte sich auch nicht gerade vertrauensfördernd auswirken. Dennoch konnte die SNB dank ihrer hohen Rücklagen eine Dividende und einen Gewinn in Höhe von 1 Mrd. CHF an den Bund und die Kantone ausschütten. Was die weitere Entwicklung anbelangt, so steht hinter dieser Gewinnausschüttung ein dickes Fragezeichen, denn die Rücklagen der Bank sind fast ganz verbraucht und weitere Verluste infolge von Marktinterventionen sind sicherlich möglich. Da Fremdwährungsinvestitionen rund 90% der Bilanz der SNB ausmachen, kann ihr Gewinn selbst durch kleine Währungsbewegungen beeinträchtigt werden.
Der Druck bleibt
Der neu gewählte Bundespräsident Johann Schneider Amman betonte in seiner Neujahrsansprache, wie wichtig starke Unternehmen sind. Meiner Ansicht nach setzt diese Stärke einen wettbewerbsfähigen Schweizer Franken voraus. Wie ich kürzlich gebloggt habe, wird es schwierig sein, das zu bewerkstelligen. Der Druck dürfte nämlich im Jahr 2016 anhalten und ich rechne mit weiteren Stimulierungsmaßnahmen der EZB, insbesondere wenn die Inflation durch die Ölpreisentwicklung weiter nach unten gedrückt wird.
Vor Kurzem erst hatten wir über die deutlichen Auswirkungen gebloggt, die der Zusammenbruch der Rohstoff- und insbesondere der Öl- und Energiepreise auf die Inflationsraten weltweit gehabt hat. Die Headline-Inflation lag in führenden westlichen Ländern das gesamte Jahr über trotz anhaltendem Wirtschaftswachstum und einer stetigen Arbeitsmarkterholung im oder in der Nähe des deflationären Bereichs.
Interessant ist die Frage, ob diese wohl eher temporäre kostengetriebene Art von Deflation (d. h. Preisrückgänge infolge niedrigerer Rohstoffpreise, finanzpolitischer Lockerungsmaßnahmen oder billigerer Importe) eine länger anhaltende Wirkung auf die tatsächliche Inflation und die Inflationserwartungen haben könnte, die Kaufentscheidungen und Lohnvereinbarungen relevant beeinflusst. Die Zentralbanken sind gut beraten, auf erste Anzeichen dafür zu achten, dass die Inflationserwartungen der Verbraucher nicht mehr fest verankert sind.
Die im 4. Quartal 2015 von M&G und YouGov durchgeführte Umfrage zu den Inflationserwartungen zeigt, dass die britischen Verbraucher in einem Jahr sowie auch in fünf Jahren erneut mit einer niedrigeren Inflation rechnen. So ist die mittlere Inflationserwartung der Verbraucher für das kommende Jahr von 1,5% auf 1,0% und damit auf den niedrigsten Stand seit Beginn unserer Umfragereihe zurückgegangen. In fünf Jahren wird nicht mehr mit einer Inflation von 2,6%, sondern nur noch von 2,5% gerechnet (Rückgang um 0,1%). Unsere Befragung hat auch ergeben, dass sich die Erwartungen an das Nettoeinkommen in Großbritannien in den letzten Monaten positiv verändert haben: 22% der britischen Verbraucher rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer Steigerung des Nettolohns.
In Europa scheinen sich die vierteljährlichen Inflationserwartungen in Deutschland, Österreich und Italien stabilisiert zu haben. In Spanien und der Schweiz hingegen, den beiden einzigen europäischen Ländern, die sechs Quartale in Folge eine Null- oder negative Inflation erlebt haben, wird mit einer niedrigeren Inflation gerechnet. Auf lange Sicht wird jedoch in allen von der Umfrage erfassten Ländern nach wie vor mit einer Inflationsrate von 2% oder höher gerechnet. Das lässt darauf schließen, dass die europäischen Verbraucher allgemein weiterhin zuversichtlich sind, dass die Zentralbanken ihre Preisstabilisierungsaufgabe erfüllen werden.
In der Asien-Region wird in Singapur sowohl kurz- als auch mittelfristig mit einer niedrigeren Inflation gerechnet (Rückgang von 3,1% auf 3% bzw. von 4,5% auf 4,0%). Das bedeutet eine Umkehr des im vorherigen Quartal registrierten Inflationsanstiegs. In Hongkong dagegen sind die Erwartungen unverändert und bemerkenswert gut verankert: In fünf Jahren wird inzwischen seit sechs Quartalen in Folge eine Inflation von 5% erwartet.
Den vollständigen Bericht mit allen Daten unserer Umfrage vom 4. Quartal 2015 finden Sie hier.
Hinweis: Das folgende Video ist nur in englischer Sprache verfügbar.
2014 hatte ich gute Nachrichten für Kuchenliebhaber gebloggt: Aufgrund des Preisrückgangs bei Agrarrohstoffen wurde die Kuchenherstellung immer preiswerter. Leider hat sich das Blatt im letzten Quartal 2015 gewendet. Die Preise für Agrarrohstoffe sind nämlich wieder gestiegen (im Gegensatz zur Entwicklung bei Nicht-Agrarrohstoffen und insbesondere Erdöl, dessen Preis jüngst auf den tiefsten Stand seit Ende der globalen Finanzkrise gesunken ist).
Im September hatten wir hier die möglichen Auswirkungen des Wetterphänomens El Niño erörtert. Nur wenige Monate später zeichnet sich nun ein klareres Bild ab, da die Auswirkungen jetzt weltweit in allen wichtigen Anbauregionen zu beobachten sind. Indonesien (der weltweit größte Palmölproduzent) und Afrika (Kakaoexporteur) haben Dürreperioden erlebt, während Brasilien (der weltweit wichtigste Zucker- und Kaffeeproduzent) von starken Regenfällen und den schlimmsten Überschwemmungen seit 50 Jahren heimgesucht wurde. Das sind alles Erscheinungen, die auf El Niño zurückgeführt werden. Infolge der witterungsbedingten Versorgungsängste und Lieferengpässe zogen die Preise für Zucker, Palmöl, Kaffee und Kakao im 4. Quartal 2015 um 42%, 18%, 8% bzw. 2% an.
Was bedeutet dies nun für den M&G Kuchen-Index?
Angesichts der im 4. Quartal des letzten Jahres deutlich gestiegenen Agrarrohstoffpreise habe ich den Kuchen-Index von M&G aktualisiert. Dieser Index basiert auf den globalen Rohstoffpreisen in Verbindung mit einigen einfachen Rezepten von der Website „BBC Good Food“. So entsteht ein grob geflochtener Korb von Agrarrohstoffen, mit dem sich die Entwicklung der Kuchenherstellungskosten demonstrieren lässt (wobei Palmöl stellvertretend für Butter benutzt wird).
Da der Preis für Zucker – dem wichtigsten Bestandteil der meisten Kuchen – deutlich gestiegen ist, verwundert es nicht, dass auch die Preise sämtlicher Kuchen gestiegen sind. Etwas abgemildert wird dies durch die Tatsache, dass der Weizenpreis gefallen ist. Das erklärt den Preisunterschied gegenüber Backwaren wie Scones und Kekse, die im Wesentlichen aus Mehl bestehen. Entsprechend wirken sich die Preissteigerungen bei Kakao und Kaffee in der entgegengesetzten Richtung aus. Allerdings ist dabei zu beachten, dass Schokoladenkuchen nicht einfach mit Kakao gleichzusetzen ist, denn seine Hauptzutat ist nicht Kakao, sondern Zucker. Deshalb ist Schokoladenkuchen im Kuchen-Index teurer als Kaffeekuchen, obwohl der Rohstoff Kaffee stärker im Preis gestiegen ist. Schlechte Nachrichten also für den Kuchengenuss im neuen Jahr und für alle, die sich von ihrem nach Weihnachten noch übrig gebliebenen Geld mehr leisten wollen!
Im Gegensatz dazu ging aus den vor einer Woche veröffentlichten Daten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen hervor, dass der Nahrungsmittelpreisindex für Dezember gesunken ist. Dieser Gesamtindex besteht aus fünf gewichteten Agrarrohstoffgruppen: Fleisch, Milchprodukte, Getreide, Pflanzenöle und Zucker. Der Kuchen-Index von M&G setzt sich hingegen nur aus den letzten beiden Gruppen zusammen. Der Rückgang des Nahrungsmittelpreisindexes lässt darauf schließen, dass die Auswirkungen von El Niño noch nicht zur gesamtwirtschaftlichen Inflation der Lebensmittelpreise führen bzw. diese nicht antreiben. Meteorologen haben jedoch bereits davor gewarnt, dass der aktuelle El Niño der stärkste seit 1998 sei und noch nicht vorüber. Unabhängig davon, ob es dadurch zu einem Anstieg des gesamten Nahrungsmittelpreisindexes kommt, ist das Kuchenbacken in den letzten Monaten auf jeden Fall teurer geworden.
Ölpreisbewegungen und ihre Auswirkungen auf die Schwellenmärkte werden auch 2016 ein heißes Thema bleiben. Es ist wahr, dass viele Länder, die stark von Ölexporten und den damit einhergehenden Einnahmen abhängen – Saudi Arabien, Russland, Venezuela und andere – sich seit dem Verfall der Ölpreise mit einem extrem schwierigen Makroumfeld konfrontiert sehen. Im Großen und Ganzen gibt es aber mehr Rohöl-Nettoimporteure als Exporteure unter den Schwellenmärkten. Wichtiger noch ist, dass der Öl & Gassektor laut diversen Anleihenindizes in Hartwährung nur einen kleinen Teil des Marktes für EM-Unternehmensanleihen ausmacht. Warum also, haben fallende Ölpreise einen konsistenten Negativeffekt auf Vermögenswerte aus Schwellenmärkten?
Eine große Zahl an Schwellenländern profitiert direkt von niedrigen Ölpreisen.
Wie aus der obigen Abbildung hervorgeht, ist Asien der Gewinner in diesem neuen Ölpreisumfeld. Lediglich Malaysia, ein Rohöl-Nettoexporteur, ist eine Ausnahme. Innerhalb der Region ist es wahrscheinlich, dass Indien, China, Thailand und Südkorea allesamt profitieren werden: niedrigere Kosten für Ölimporte, reduzierte Inputkosten, weniger Subventionen für Brennstoffe und/oder steigende Verbraucherausgaben. Außerhalb Asiens sind einige der größten Volkswirtschaften in der entwickelnden Welt Rohöl-Nettoimporteure, z.B. die Türkei, Südafrika und Brasilien. Osteuropäische Länder, insbesondere Ungarn, Polen und die Tschechische Republik, profitieren ebenfalls von niedrigeren Öl- und Gaspreisen. Letztlich, so könnte man argumentieren, haben niedrigere Ölpreise auch in der Karibik und in Zentralamerika indirekt positive Folgen, da der gestärkte US-Konsum hier durchsickern sollte.
Energiewerte machen maximal 25% der EM Corporate Bond Indices aus.
Anders als es vielleicht vermuten ließe – und auch wenn dies mit den Fundamentaldaten in den Schwellenmärkten auf einer Linie liegt – macht der Öl & Gassektor maximal 25% der EM-Indizes für Unternehmensanleihen aus (13,6% des JPM’s CEMBI BD und 23% des BAML’s EMCB Index). Es muss allerdings der Makrofaktor berücksichtigt werden, da beispielsweise wahrscheinlich die Finanzwerte im Nahen Osten von den niedrigeren Ölpreisen in Mitleidenschaft gezogen werden. Investoren müssen deshalb einen weiteren Filter in ihren Anlageprozess integrieren und ihr Augenmerk auf Unternehmensanleihen in Ländern richten, die den Ölpreisschwankungen ausgeliefert sind. Laut unseren Kalkulationen machen EM-Unternehmensanleihen in Ländern mit Nettoimporten von Öl ungefähr 30,3% des Index (CEMBI BD) aus. Dies bedeutet, dass zwei Drittel des Index potenziell der schwankenden Ölpreise gegenüber immun sind. Das ist die Theorie.
Die höchste Ansteckungsgefahr geht von Rohstoffen und Währungen aus.
Die fallenden Preise für Rohöl haben weiterhin einen negativen Effekt auf die Anlagepreise in den Schwellenmärkten, obwohl Nettoimporteure von Öl gegenüber den Exporteuren in den Schwellenländern in der Überzahl sind. Dies liegt daran, dass Währungen und Rohstoffe mit Ausnahme von Öl als Ansteckungsquellen agieren.
Als die Ölpreise zu ihrem Sinkflug ansetzten, mussten die von Öleinnahmen stark abhängigen Länder einen deutlichen Wertverlust ihrer Währung mitansehen, manchmal durch eine Abwertung wie im Fall von Kasachstan. Der erste Effekt war (und ist) technischer Natur: Eine negative Marktstimmung erfasste Schwellenmarktwährungen und Rohstoffe. Der zweite Effekt hatte einen mehr fundamentalen Charakter und war zweiteilig:
(i) Öl hat einen erheblichen Einfluss auf die Inputkosten und beeinflusst die Gewinnschwelle bei der Produktion von Metallen und Lebensmitteln. In einem Umfeld mit einem langsameren Wachstum und einer Überkapazität bei Rohstoffen üben die niedrigen Ölpreise einen Abwärtsdruck auf andere Rohstoffpreise aus.
(ii) Einer der Nebeneffekte der Währungsabwertung war, dass die Öl exportierenden Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit bei anderen Rohstoffexporten verbesserten. Ein Beispiel sind die russischen Düngemittelexporte. Dies führte zu mehr Druck auf die Währungen von Ländern, die kein Öl exportieren, da ihre Metallrohstoffe und landwirtschaftlichen Produkte weniger konkurrenzfähig wurden.
Öl ist überall. Wichtig sind aber vor allem die idiosynkratischen Aspekte.
In diesem Zusammenhang ist es nur fair zu sagen, dass ein Portfolio mit Schwellenmarktanleihen den Ölpreisbewegungen gegenüber nicht immun ist. Mit Blick auf 2016 sind das gute Nachrichten, sollten Sie steigende Ölpreise erwarten. Jede deutliche Preissteigerung wird in den meisten Fällen eine Rally bei EM-Assets auslösen. Erwarten Sie ein Baisseszenario, so könnten sich trotzdem noch gute Gelegenheiten finden. Der Öl & Gassektor in den Schwellenmärkten produzierte im Jahr 2015 einen Negativertrag von -3,0%, doch war die Streuung der Renditen unter den Unternehmensanleihen enorm und stand nicht unbedingt mit den Ölpreisen in Beziehung. Beispielsweise war der Kursverlust von Petrobas-Anleihen eher eine Folge des anhaltenden Korruptionsskandals in Brasilien und dem Verschuldungsgrad des Unternehmens als ein Ergebnis der sinkenden Ölpreise. Andererseits verzeichneten die Anleihen von PDVSA (der Ölkonzern im Besitz der venezolanischen Regierung) oder Lukoil (der russische Ölproduzent) trotz der ÖL-Relevanz für ihr jeweiliges Land zweistellige Gesamterträge in 2015. Dies könnte mit Blick auf 2016 eine gute Lehrstunde für uns sein: In Schwellenmärkten sind idiosynkratische Makro- und Kreditaspekte oft von größerer Bedeutung als Öl.
Im Nachgang zu Gordon Hardings Bericht über die sich am besten bzw am schlechtesten entwickelnden festverzinslichen Anlageklassen des letzten Jahres möchte ich genauer darauf eingehen, wie die Schwellenmärkte 2015 abgeschnitten haben und was man im Hinblick auf 2016 erwarten kann.
Einige der Themen, die die Marktentwicklung 2015 bestimmten, waren dieselben, die sie auch 2014 vorangetrieben haben. Entscheidend war erneut die Vermögensallokation. Auf Lokalwährung lautende Anleihen schnitten im dritten Jahr in Folge schlechter ab als auf harte Währung lautende Anleihen. Bei den auf Hartwährung lautenden Anleihen entwickelten sich Staats- und Unternehmensanleihen in etwa wie der allgemeine Index.
Wie ich jedoch bereits vor einem Jahr prognostiziert hatte, stieg die Renditeverteilung 2015, und es kam vor allem darauf an, die aufgrund von Extremereignissen („Tail-Risiken“) schlechter abschneidenden Titel zu vermeiden. 2015 standen folgende Themen im Mittelpunkt:
- Duration spielte für die Performance keine große Rolle
Zwar hat die Fed endlich damit begonnen, die geldpolitischen Zügel in den USA anzuziehen, die Renditen für Schatzanleihen mit einer 10-jährigen Laufzeit waren aber Ende 2015 kaum höher, da der Markt einen solchen Schritt schon seit langem erwartet und entsprechend eingepreist hatte. So lange die US-Notenbank 2016 die derzeit von den Märkten eingepreisten Zinserhöhungen vornimmt (d. h. eine Anhebung um insgesamt 50-75 BP), gehe ich davon aus, dass die Schwellenmärkte dies verkraften werden. Und zwar deshalb, weil sie sich bereits seit einigen Jahren durch schwächere Währungen, geringere Kapitalzuflüsse und höhere Finanzierungskosten haben darauf einstellen können.
- Die Währungsabwertung hielt an, die gute Nachricht lautet jedoch, dass sie im Jahr 2016 weniger stark ausgeprägt sein dürfte
Wie die obige Tabelle verdeutlicht, war die Underperformance der auf Lokalwährung lautenden Anleihen größtenteils auf Währungsschwankungen zurückzuführen, wobei dies immer noch teilweise auf das Konto des starken US-Dollar und nicht unbedingt auf Entwicklungen in den Schwellenmärkten zurückzuführen ist. Viele Schwellenmarktwährungen entwickelten sich in etwa wie bzw. besser als Kernwährungen wie der Euro oder Rohstoffwährungen wie z. B. der australische (AUD) und kanadische Dollar (CAD). Ausgehend von früheren Straffungszyklen der Fed, bei denen die Aufwertung des US-Dollar überwiegend bereits vor dem ersten Anstieg erfolgt ist, rechne ich damit, dass sich der US-Dollar 2016 allmählich stabilisieren wird. Die Underperformance der auf Lokalwährung lautenden Anleihen im aktuellen Jahr ist vermutlich ein Indiz dafür, dass viele Schwellenmarktwährungen nicht mehr überbewertet sind. In Fällen wie dem polnischen Zloty, dem ungarischen Forint oder dem chilenischen Peso hat sie außerdem zu einer Verbesserung der Leistungsbilanz geführt oder wird wie im Falle Brasiliens eine laufende Anpassung ermöglichen. Währungen mit festem Wechselkurs sowie stark gesteuerte Währungen laufen jedoch weiterhin Gefahr, durch niedrige Ölpreise beeinträchtigt zu werden (Stichwort: GCC-Länder, nigerianischer Naira). Die wohl kritischste Währung ist der Renminbi, da sich die chinesischen Behörden zwischen dem Aufrechterhalten der derzeit geringen Volatilität und einer gewissen Überbewertung einerseits und einer schnelleren Abwertung andererseits, bei der es zu einem ungeordneten Übergreifen auf asiatische und Rohstoffwährungen kommen könnte, entscheiden müssen.
- Die Spreads wurden größer, insbesondere bei Anleihen im Rohstoffsektor
Wie 2014 war die Entwicklung der Spreads erneut zweigeteilt. Aus der unten stehenden Grafik geht hervor, dass die Spreads insgesamt in diesem Jahr eine relativ hohe Korrelation zu Rohstoff- und Ölpreisen aufgewiesen haben, obwohl viele Schwellenländer tatsächlich Nettorohstoffimporteure sind (Charles de Quinsonas wird in einem demnächst veröffentlichten Blogbeitrag noch näher darauf eingehen). Insgesamt bin ich der Meinung, dass die Spreads bereits die Verschlechterung der Anleihenqualität der letzten Jahre weitgehend widerspiegeln. Ich gehe aber nicht davon aus, dass sie sich verringern werden, da es in absehbarer Zeit kaum zu wesentlichen Verbesserungen im Segment Unternehmensanleihen kommen dürfte. Das kann sich jedoch ändern, wenn wir eine Erholung der Rohstoffpreise erleben oder die Fed signalisieren sollte, dass der Straffungszyklus sehr schwach ausgeprägt sein wird.
- Idiosynkratische Risiken sind weiterhin erhöht und werden es auch im Jahr 2016 bleiben
Mehrere der 2015 am besten abschneidenden Länder waren ausfallgefährdete Kreditnehmer, die einen Totalausfall vermeiden konnten (z. B. Venezuela, Weißrussland). Die Renditen der Ukraine profitierten von einer sanften Umstrukturierung. Russland wiederum erholte sich von den Ausverkäufen des Jahres 2014, da der Konflikt mit der Ukraine nicht eskalierte. Argentinien erholte sich aufgrund der Aussicht auf eine marktfreundlichere Regierung unter Mauricio Macri. Die meisten dieser Länder werden 2016 jedoch wahrscheinlich nicht zu den wichtigsten Outperformern zählen, da es wohl kaum Auslöser für weitere gute Nachrichten geben wird und die Bewertungen nach der Erholung von 2015 ohnehin höher sind. Venezuela ist nach wie vor ein Wackelkandidat: Das Land wird in diesem Jahr entweder zu den besten Performern zählen, wenn es einen Zahlungsausfall vermeidet, oder aber zu den schlechtesten, wenn es doch dazu kommt. Der Sieg der Opposition bei den jüngsten Parlamentswahlen ist eine positive Entwicklung, reicht aber nicht aus, um die großen Ungewissheiten bezüglich der Richtung, den die Wirtschaftspolitik des Landes angesichts niedriger Ölpreise einschlagen wird, zu beseitigen.
In Bezug auf die schlechtesten Performer wird Brasilien 2016 zu den Ländern zählen, deren Entwicklung man genau verfolgen muss. Wie bereits in einem vorherigen Blogbeitrag diskutiert, bleibe ich angesichts des starken politischen Gegenwinds vorsichtig, da dieser eine wirtschaftliche und fiskalische Erholung erschwert. Die Entwicklung bei Kreditwerten ist entsprechend ungewiss. Subsahara-Afrika bleibt aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise und der Schuldenlast, die in den meisten Ländern wegen ihrer hohen Haushaltsdefizite und teilweise erheblichen Währungsabwertungen immer stärker wächst, weiterhin unter Druck. Zwar gibt es im Jahr 2016 nur ein geringes Umschuldungsrisiko, dieses wird aber in den nächsten Jahren zunehmen. Ich rechne dann mit einigen Kreditereignissen. Die Bereitschaft zur Anpassung und Zahlung wird auf den Prüfstand gestellt. Dabei gibt es keine längere Erfolgsbilanz bezüglich verbriefter Schuldenrückzahlungen und der erzielbaren Recovery Values, da die meisten Bonds erst in den letzten Jahren emittiert wurden.
Insgesamt gehe ich davon aus, dass die Vermögensallokation zwischen Hartwährung und Lokalwährung auch 2016 eine geringere Rolle spielen wird, da sich die Währungsabwertungen endlich stabilisieren. Die Auswahl von Staats- und Unternehmensanleihen im Hartwährungsbereich wird weiterhin entscheidend sein, da ich von großen Renditeunterschieden ausgehe. Last not least kommt es 2016 für Anleger an den Schwellenmärkten darauf an, „Tail-Risiken“ der Underperformer und Zahlungsausfälle bei Unternehmen zu vermeiden.
Der Blick auf das vergangene Jahr macht deutlich, dass es deutlich schwieriger war, anständige Erträge zu erwirtschaften als noch in 2014. Anhand meiner Stichprobe aus 85 unterschiedlichen Bank of America Merrill Lynch Indizes (Die Abbildung unten zeigt eine kleinere Auswahl) ist ersichtlich, dass die meisten Indizes in Bezug auf die Gesamterträge im Jahr 2015 zwischen -5% und 5% angesiedelt waren. In 2014 lag die Mehrheit noch im Bereich zwischen 5% und 15%.
Im Jahr 2014 bekamen die meisten Anlageklassen im Anleihensegment durch eine unablässige Rally bei den Renditen auf Staatsanleihen Unterstützung: Die Renditen 10-jähriger US-amerikanischer und britischer Staatsanleihen gaben um je 3% nach und fielen auf 2,2% bzw. 1,8%, Bundesanleihen mit 10-jähriger Laufzeit fielen von 1,9% auf das damalige Rekordtief von 0,5%. Diese Art der Rückendeckung blieb 2015 aus, auch wenn es sich bei den traditionellen Staatsanleihen keinesfalls um einen Baissemarkt gehandelt hat. Eine niedrige Inflation, Risikoscheu und jede Menge von der EZB bereitgestellte Liquidität (das Anleihenkaufprogramm) hielt Staatsanleihen über Wasser. Hinzu kam, dass die Fed mit ihrer Zinserhöhung bis zum letztmöglichen Augenblick gewartet hatte. Dies konnte allerdings nicht die Volatilität verhindern und trug vielleicht sogar zu ihr bei. Einen Monat nachdem die EZB im März ihr Anleihenkaufprogramm ausrollte, fielen die Renditen auf 10-jährige deutsche Staatsanleihen auf einen Tagestiefkurs von nur 0,05% und stiegen dann nur weniger als acht Wochen später auf 0.98%. Investoren, die zum Tiefstkurs gekauft hatten, waren gelinde gesagt wenig begeistert.
Zum Jahresende waren die Renditen auf Staatsanleihen in den USA und Deutschland um ca. 10 Bp höher (2,27% bzw. 0,63%), in Großbritannien sogar um 20 Bp (1,96%). Demgegenüber beendeten 10-jährige JGB das Jahr um 6 Bp niedriger auf gerade einmal 0,26%.
Wie aus der obigen Abbildung hervorgeht, haben sich die Renditen der traditionellen Staatsanleihen im Allgemeinen zwar auf der Kurve nach oben bewegt. Die unterschiedlichen geldpolitischen Aussichten in den USA und der Eurozone führten allerdings zu einigen krassen Unterschieden am kurzen Ende. Beispielsweise haben US-Papiere mit zwei Jahren Laufzeit seit dem „Taper Tantrum“ in 2013 höher gehandelt, da die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung in 2015 immer schneller Realität zu werden schien. Bundesanleihen mit 2-jähriger Laufzeit waren zu Jahresanfang 2015 zwar bereits in negativem Territorium, fielen jedoch noch weiter, als der Markt weitere quantitative Lockerungen einpreiste und diese denn auch Realität wurden. Dies bedeutete, dass sich der Spread zwischen 2-jährigen deutschen und 2-jährigen US-amerikanischen Staatsanleihen bis zum Jahresende auf rund 140 Bp weitete, die Höchstmarke seit 2006.
Diese relativ kleinen Aufwärtsbewegungen bei den meisten Renditen auf traditionelle Staatsanleihen übersetzten sich in positive Gesamterträge, da selbst bescheiden Kursrückgänge ganz klar durch das Zinseinkommen kompensiert wurden. Der Markt für Bundesanleihen hat als Ganzes +0,3% rentiert. Britische Staatsanleihen kamen auf +0,6% und US-amerikanische Staatsanleihen auf +0,8%. JGBs erwirtschafteten respektable (im Vergleich zu anderen Anlageklassen) +1,2%.
In anderen Anleihensegmenten in den Industriestaaten sahen wir weitere Spread-Verengungen zwischen den Staatsanleihen aus dem peripheren Europa und Bundesanleihen. Die Renditen italienischer Staatsanleihen verengten sich gegenüber 10-jährigen Bundesanleihen beispielsweise um rund 40 Bp und beendeten das Jahr um 30 Bp niedriger auf 1,6%, was mit einem Gesamtertrag von 4,8% einen Spitzenplatz im 2015-Ranking sicherstellte. Portugiesische Staatsanleihen lagen mit einem Ergebnis von 3,9% nur knapp dahinter. Spanische und irische Staatspapiere verbuchten ebenfalls überdurchschnittlich gute Erträge (beide 1,7%). Im Bereich der Staatsanleihen aus dem peripheren Europa zog Griechenland als Spitzenreiter bei der Performance einsame Kreise. Tatsächlich lagen die griechischen Anleihen im Jahr 2015 mit Erträgen von 21,5% in der Spitzengruppe aller Anleihenmärkte. Der Jahresverlauf war allerdings eine holprige Angelegenheit. Der durchschnittliche Preis für griechische Anleihen fiel von 58 zu Anfang des Jahres auf ca. Mitte 30 im Sommer und ging dann zum Jahresende wieder auf 67 nach oben.
Die Credit Spreads weiteten sich 2015 in fast allen Märkten, obwohl europäische Vermögenswerte die Unterstützung der EZB genossen und trotz der recht gesunden konjunkturellen Rahmenbedingungen für US-amerikanische Vermögenswerte. Die Ausweitungen im Investment-Grade-Bereich waren im Jahresverlauf insgesamt bescheiden, doch setzten sie sich deutlich von der Verengung im ersten Quartal ab. Ein Beispiel sind USD-BBB-Spreads, die sich um 43 Bp von 198 auf 241 weiteten. Im März lagen sie bei 175 Bp. Die Rekordvolumina bei den Emissionen in den USA – eine Folge der Akquisitions- und Fusionsaktivitäten und den Bemühungen der Unternehmen, der Zinserhöhung der Fed zuvorzukommen – waren zweifelsohne für die Ausweitung mitverantwortlich. Investment-Grade-Anleihen haben in ihrer Gesamtheit in der Folge ziemlich enttäuschende Ergebnisse verzeichnet. Die EUR- und USD-Märkte machten Jahresverluste in Höhe von-0,4% bzw. -0,6%, GBP-IG waren nur wenig besser und erzielten Erträge von +0,6%. Finanzwerte erzielten hier gegenüber Unternehmensanleihen ebenso eine Outperformance wie nachrangige Anleihen gegenüber vorrangigen Schuldtiteln. Lower Tier 2 IG-Anleihen rentierten z.B. 3,1% im GBP-Markt und 1,6% für EUR-Anleihen. Weiter unten in der Kapitalstruktur rangierten GBP IG-Tier 1 Bankanleihen im Top-Bereich. Sie kamen auf Erträge von 5,2%. Es sollte allerdings angemerkt werden, dass dieser Sektor sehr klein ist und lediglich aus 10 Anleihen besteht.
Der anhaltende Verfall der Ölpreise und anderer Rohstoffe war vor allem an den Märkten für Hochzinsanleihen zu spüren. Den größten Effekt hatte dies auf die USA, da der Index eine relativ hohe Gewichtung von Unternehmensanleihen aus den Bereichen Energie, Metalle und Bergbau aufweist (fast 20% laut den Bank of America Merrill Lynch Indizes zu Anfang 2015). Der USD High Yield Index war in seiner Gesamtheit eine der Anlageklassen mit der schlechtesten Wertentwicklung und verbuchte -4,6%. Der Index litt zweifelsohne unter den Sektoren Stahl, Energie & Metalle sowie Bergbau. Sie hatten alle ein furchtbares Jahr, rentierten -20,7%, -23,6% bzw. -26,2% und hatten die zweifelhafte Ehre im vergangenen Jahr die schlechteste Anlageklasse zu sein.
Zum Abschluss ein Wort zu den Staatsanleihen aus Schwellenmärkten. Wie schon 2014 fanden sie sich auch im letzten Jahr an der Spitze und nahe dem Keller in unserem Ranking. Hier spiegelt sich zum einen das idiosynkratische Risiko der Anlageklasse und zum anderen die Tatsache, dass „Schwellenmärkte“ nicht, wie es oft der Fall zu sein scheint, als eine Einheit gesehen werden können. Eine tief greifende Beschäftigung mit der Performance von Schwellenmarktanleihen im Jahr 2015 und den Aussichten für 2016 wird sich in dem in Kürze erscheinenden Blog von Claudia finden. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Nach der Schließung des Third Avenue Focused Credit Fund in der ersten Hälfte des Dezembers sind bei Hochzins-Anlegern wieder Liquiditätsbedenken in den Vordergrund gerückt. Letztendlich können nur Strukturveränderungen für eine Besserung der Lage am Markt für Hochzinsanleihen. Bis dahin lässt sich das Liquiditätsprofil eines Hochzins-Portfolios unserer Meinung nach jedoch durch eine Reihe von Maßnahmen verbessern.
Kaufen und Halten – Wenn man den Portfolioumschlag niedrig hält, einen auf Langfristigkeit ausgerichteten Investmentansatz verfolgt und eine gewisse Kursvolatilität in Kauf nimmt, wird der Liquiditätsbedarf des Portfolios automatisch begrenzt. Gleichzeitig gilt, dass man vor diesem Hintergrund stärker beim Wertpapierkauf auf die langfristigen Fundamental- und Bonitätswerte des jeweiligen Unternehmens achtet. Eine gute Frage, die man sich als Anleger stellen sollte, lautet: „Wäre ich auch in einer schwierigen Marktphase gerne zum Halten dieser Anleihe bereit?“ Wird die Frage bejaht, dann stehen die Aussichten deutlich besser, dass sich in derartigen Phasen auch ein Käufer finden lässt.
Größere Anleihenemissionen favorisieren – Je größer das Volumen einer Anleihenemission, desto größer die Anlegerbasis. Somit stehen die Chancen besser, dass sich passende Käufer und Verkäufer finden. (Diese Tatsache wird durch den nachfolgenden Vergleich der erfassten Handelsaktivität einer 4,28 Mrd. USD schweren und einer nur 200 Mio. EUR schweren Anleihe desselben Emittenten verdeutlicht.) Allerdings kann sich das auch als zweischneidiges Schwert erweisen. Je größer das Emissionsvolumen einer Anleihe, desto höher ist nämlich die Wahrscheinlichkeit, dass diese Anleihe ins Portfolio von ETFs aufgenommen wird, was sich in Phasen mit vielen Rücknahmeanträgen als nachteilig erweisen kann.
Handelsverlauf am 17. Dezember 2015 der Sprint-Anleihe 7,875%/ 2023, Ausgabevolumen 4,28 Mrd. USD:
Handelsverlauf am 17. Dezember 2015 der Sprint-Anleihe 9,25%/ 2022, Ausgabevolumen 200 Mio. USD:
Marktdiversifikation – An unterschiedlichen Märkten herrscht oft ein unterschiedliches Handelsumfeld. Wenn an einem Markt Liquiditätsprobleme bestehen, lassen sich mit einem Portfolio, das in eine breite Palette von ABS, Finanzwerten, Unternehmens- und Staatsanleihen, europäischen, US- und Schwellenmarkt-Titeln, fest- und variabel verzinslichen Werten investieren kann, häufig die besseren Liquiditätsbedingungen eines anderen Marktes nutzen.
Liquide Proxies nutzen – Das tägliche Handelsvolumen des Marktes für synthetische CDS-Indizes ist um einiges größer als das des Kassamarktes. Ein Portfolio, das zum Teil in solchen Instrumenten investiert ist, hat Zugang zu einem größeren Liquiditätspool. Es kann in Phasen, in denen sich die Bedingungen am physikalischen Markt verschlechtern, von einer entsprechenden Pufferwirkung profitieren. Allerdings gilt es hierbei, die Opportunitätskosten der Titelauswahl zu berücksichtigen.
Für einen höheren Kassabestand sorgen – Die effektivste Methode zur Verbesserung der Portfolioliquidität ist zugleich die einfachste: mehr Barmittel halten. Waren früher 2% angesagt, so sind heute eher 5% sinnvoll. Das bringt zwar ebenfalls Opportunitätskosten bezüglich der Markt- und Titelauswahl mit sich, bietet jedoch unmittelbar handfeste Liquiditätsvorteile.
Wichtig ist die Feststellung, dass keine dieser Maßnahmen eine Zauberlösung darstellt, sie können aber alle dazu beitragen, etwaige Liquiditätsprobleme abzumildern. Sie können dem Anleger Zeit bzw. Zugang zu Liquidität verschaffen. In den heutigen Hochzinsmärkten ist die Frage nach dem Liquiditätsmanagement eines Portfolios genauso wichtig wie die nach seinen Anlagepositionen – wenn nicht sogar wichtiger.
Der Ölpreisrückgang gehört zu den Hauptgründen dafür, dass die Inflation trotz der positiven Konjunkturentwicklung in führenden westlichen Volkswirtschaften niedrig geblieben ist. Angesichts der starken Preisvolatilität in den letzten 18 Monaten ist es interessant, einmal darzulegen, wie der Einfluss des Ölpreises auf die tatsächliche Inflation mit der Zeit immer mehr nachlässt.
In Großbritannien wirkt sich der Ölpreis am direktesten über die Kraftstoffpreise auf die Inflation aus. Sinkende Inputkosten führen zu niedrigeren Preisen an der Zapfsäule. Der Abgabepreis hängt jedoch nicht nur vom Ölpreis ab, sondern umfasst auch Transportkosten, die Handelsmarge und vor allem Steuern und Abgaben. Auf der Website petrolprices.com werden die Kosten für einen Liter Benzin wie folgt aufgeschlüsselt:
Abgaben: 57,95 Pence
Produkt: variabel
Wiederverkäufer/Lieferung: 5 Pence
MwSt.: 20%
Anhand dieser Aufschlüsselung kann man untersuchen, welche Auswirkungen die Preisentwicklung bei Öl (dem „Produkt“) auf die gesamtwirtschaftliche Inflation haben können. Die folgende Grafik zeigt, wie sich Ölpreisänderungen auf den Kraftstoff-Abgabepreis auswirken.
Es besteht erwartungsgemäß kein Eins-zu-Eins-Verhältnis. Ein sinkender Ölpreis wirkt sich deshalb nicht stets in gleicher Höhe auf den Kraftstoffpreis aus, weil er einen immer kleiner werdenden Teil des gesamten Abgabepreises ausmacht. Wenn der Ölpreis von 160 USD um 50% auf 80 USD sinkt, bewirkt dies einen Rückgang des Kraftstoffpreises um ca. 35% von 267 Pence auf 172 Pence. Ein weiterer Ölpreisrückgang um 50% von 80 USD auf 40 USD führt zu einer Kraftstoffpreisreduzierung um 28%. Bei einem nochmaligen 50%-igen Ölpreisrückgang von 40 USD auf 20 USD sinkt der Kraftstoffpreis nur noch um 19%. Zwar wird der Abgabepreis zusätzlich durch den Wechselkurs zwischen GBP und USD beeinflusst, da Öl in USD gehandelt wird, dennoch wird anhand vorstehender Grafik deutlich, dass bei einem kontinuierlichen Ölpreisrückgang die Auswirkung auf die Inflation immer kleiner wird.
Schwache Ölpreise haben zudem einen Nebeneffekt: Mit immer weiter sinkendem Ölpreis geht deren prozentualer Anteil am Warenkorb, der zur Inflationsentwicklung herangezogen wird, zurück. Somit machen sich Energiepreisrückgänge immer weniger stark bei der gesamtwirtschaftlichen Inflation bemerkbar.
Die Abwärtsentwicklung des Ölpreises nähert sich zunehmend der Talsohle, wobei die Auswirkungen auf die Inflation immer schwächer werden, je weiter der Ölpreis sinkt. Da in anderen Bereichen wie z. B. dem Arbeitsmarkt eine Angebotsknappheit vorherrscht, wären wir überrascht, wenn die Inflation 2016 weiterhin so niedrig bleibt. Die Wirkung der Abwärtsdynamik sinkender Ölpreise auf die Inflation wird immer weiter nachlassen, je weiter die Öl-Baisse fortschreitet.