Die Jagd nach Rendite in den Schwellenländern besiegelt das Schicksal von Covenants

Würden Sie eine siebenjährige ungesicherte Anleihe mit einer Rendite von 6% von einer brasilianischen Fluggesellschaft mit B1/B+ Rating (erste Ausgabe des Emittenten) kaufen, deren vertragliche Schutzklauseln für die Investoren deutlich schlechter als der Standard sind? Viele Marktteilnehmer machten letzte Woche genau das. Vor einem Jahr wäre dazu kaum jemand bereit gewesen.

Dieses Jahr waren viele Anleger in Schwellenmarktanleihen geneigt, auf der Suche nach höheren Renditen weiter unten entlang des Kreditspektrums zu investieren. Kräftige Mittelzuflüsse in die Anlageklasse in Kombination mit den derzeitig niedrigen Ausfallraten verstärkten diesen Trend. Der Primärmarkt und insbesondere Debüt-Anleiheemissionen rückten in das Zentrum des Interesses, da Anleger in diesem Segment üblicherweise Chancen durch Fehlbewertungen wahrnehmen und sich den höheren Spread der Neuemissionen zunutze machen. Die Kehrseite der hohen Nachfrage nach Erstemissionen von hochverzinslichen Schwellenländeranleihen ist eine Erosion der vertraglichen Schutzklauseln (Covenants). Die ausgebenden Unternehmen haben zusammen mit ihren Finanzberatern die finanzielle Flexibilität des Emittenten erhöht, indem sie den Anlegerschutz im Rahmen der Anleihendokumentation reduzierten. Um es kurz zu machen, die Suche nach Rendite in den Schwellenländern bedeutet für die Covenant-Standards bei hochverzinslichen Schwellenmarktanleihen den Untergang.

In den letzten sechs Monaten habe ich zahlreiche Beispiele dafür erlebt. Das Ungewöhnlichste war die Emission einer ewigen Anleihe ohne Rating mit einer Call-(nicht Put-!)Option bei Kontrollwechsel eines panasiatischen Gesundheitsdienstleisters. Der Emittent (nicht der Anleihegläubiger) hatte dadurch das Recht, aber nicht die Verpflichtung, die eigene Anleihe im Falle eines Eigentümerwechsels im Unternehmen zu einem Kurs von 101 zurückzukaufen. Im Grunde läuft das auf einen Blankoscheck für eine M&A-Transaktion hinaus, ohne dass die bestehende Kapitalstruktur refinanziert werden muss. Ich fragte meine Kollegen im Fondsmanagement für europäische und amerikanische Hochzinsanlagen, ob sie so etwas schon einmal gesehen hätten, aber auch sie hatten bisher noch nie von einer solchen Besonderheit gehört.

Dann hatten wir mehrere Anleiheemittenten im mittleren BB-Bereich, vor allem aus Lateinamerika, die mit Standard-Covenants im Segment für Hochzinsanleihen auf den Markt kamen. Zu den Klauseln zählte eine Begrenzung für die Emission von Schuldtiteln basierend auf der Einhaltung eines Mindestniveaus des Fixkostendeckungsgrads (EBITDA zu Zinsen) ebenso wie eine Begrenzung für Zahlungen wie Dividenden basierend auf derselben Kennzahl. Keine dieser Beschränkungen basierte jedoch auf dem Verschuldungsgrad (Verbindlichkeiten zu EBITDA), was der übliche Marktstandard ist.

Zu guter Letzt hatten wir letzte Woche eine brasilianische Fluggesellschaft, die erfolgreich Anleihen mit einem B+/B1 Rating emittierte, und zwar ohne Begrenzung für die Höhe der möglichen Schuldtitelemissionen oder der möglichen Dividendenzahlungen an die Aktionäre. Auf dem Papier bedeutet das, dass die Aktionäre durch die Finanzpolitik zu Lasten des Kreditprofils des Unternehmens bevorzugt würden, ohne dass die Gläubiger ungesicherter Anleihen eine Einflussmöglichkeit darauf hätten. Ich bezweifle, dass irgendeine der finanzierenden Banken eine ähnliche Situation für die gesicherten Schuldtitel akzeptieren würde.

Anleger in Unternehmensanleihen der Schwellenländer haben meiner Ansicht nach eine falsche Herangehensweise. In Phasen der Konjunkturerholung – wie sie die Schwellenländer derzeit erleben – engagieren sich Unternehmen tendenziell stärker für Dividendensteigerungen oder Umwandlungsprojekte (M&A, starke Zunahme der Investitionsausgaben). In Phasen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird normalerweise eine finanzielle Disziplin eingehalten, um Kapitalströme, Kreditkennzahlen, Anlegervertrauen und letztendlich auch den Zugang zu den Kapitalmärkten zu sichern. Damit soll versucht werden, sicherzustellen, dass die Fälligkeiten bei einer Refinanzierung für die Emittenten auf einem akzeptablen Renditeniveau bleiben. Anders gesagt sind Covenants eine Absicherung gegen das Verlustrisiko und bei engen Spreads auf Unternehmensanleihen meiner Ansicht nach noch wichtiger. Im aktuellen Marktumfeld ist Kapital, das für das Generieren einer höheren Rendite eingesetzt wird, anfällig für Risiken in Verbindung mit einem möglichen Abschwung. Die mangelhafte Wertpapierauswahl wird im Falle eines Ausverkaufs das Erwirtschaften von Erträgen erschweren, und all jene, die in den guten Zeiten eine umsichtige Differenzierung der Schuldpapiere vorgenommen haben, haben bessere Chancen, dem Sturm zu trotzen.

Der Wert der Vermögenswerte des Fonds und die daraus resultierenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.

Charles de Quinsonas

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