Mister 7 Prozent – eine Analyse der Arbeitslosigkeit in Großbritannien

In der letzten Woche hat der Chef der Bank of England Einzelheiten zu seinen zukünftigen Plänen sowie die Bedingungen für eine Verschärfung der Geldmarktpolitik vorgestellt. Ben hat seine Einschätzungen dazu bereits in der vergangenen Woche hier erläutert. Ich werde mich nachfolgend aber eher auf das so genannte „Knockout“-Niveau von 7 Prozent bei der Arbeitslosenquote konzentrieren.

Zunächst einmal stellt sich die Frage, warum die Bank of England beschlossen hat, die Arbeitslosenquote als einen Indikator für den Inflationsdruck heranzuziehen? So erklärten die Notenbanker auf ihrer Pressekonferenz, dass es sich dabei um einen guten Indikator für Überschusskapazitäten handelt. Da dies einer gewissen Logik nicht entbehrt, möchten wir dieses Knockout-Niveau nun einmal im historischen Kontext betrachten.

In der nachfolgenden Grafik wird die Arbeitslosigkeit in Großbritannien in den letzten 20 Jahren dargestellt. Wie Sie sehen können, lag die Quote zwischen 1997 und 2009 – also in einer Phase des kräftigen Wirtschaftswachstums, in der die Notenbank die Geldmarktpolitik regelmäßig verschärfen musste, um die Inflation unter Kontrolle zu halten – durchweg bei unter 7 Prozent. Tatsächlich scheint dieses neue Knockout-Niveau also keine wirkliche Neuigkeit zu sein, denn während des gesamten Beobachtungszeitraums hat die Bank of England ihren Leitzins nur selten angehoben, wenn die Arbeitslosenquote mehr als 7 Prozent betrug.

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Aus der nächsten Grafik geht hervor, in welchen Regionen Großbritanniens die Arbeitslosigkeit derzeit bei 7 Prozent oder darunter liegt und in welchen Regionen sie höher ist. Diese regionalen Unterschiede sind hier zwar nicht so ausgeprägt wie in Europa, sollten aber trotzdem berücksichtigt werden.

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Damit die Arbeitslosenquote auf unter 7 Prozent sinkt, bedarf es seitens der Arbeitnehmer eines hohen Maßes an Mobilität, damit die Arbeitskraft auch dorthin gelangen kann, wo die Arbeitsplätze sind – und umgekehrt. Dies liegt jedoch nicht mehr im Aufgabenbereich der Bank of England, sondern ist vielmehr eine Art Konjunkturprojekt der Zentralregierung. Je mobiler die Arbeitnehmer sind, desto schneller kann die Arbeitslosigkeit in Großbritannien auch die 7 Prozent-Marke unterschreiten. Demnach gilt also: Je einfacher man umziehen kann und je besser die Verkehrsverbindungen sind, desto rascher kann die Arbeitslosenquote auf unter 7 Prozent zurückgehen. Falls die britischen Arbeitnehmer im Hinblick auf die regionale Mobilität aber sehr unflexibel sein sollten, wird die Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren wohl bei über 7 Prozent bleiben.

Ein neuer Faktor, den man in diesem Zusammenhang ebenfalls berücksichtigen sollte, ist die zunehmende Bedeutung des gesamteuropäischen Arbeitsmarktes. So müssen sich britische Arbeitnehmer im Allgemeinen nicht nur im internationalen Wettbewerb durchsetzen, sondern innerhalb ihrer eigenen Volkswirtschaft auch mit ausländischen Arbeitskräften konkurrieren. In Verbindung mit der hohen Arbeitslosigkeit auf dem Kontinent hat die Freizügigkeit des Arbeitsmarktes innerhalb der Europäischen Union nämlich zur Folge, dass die Arbeitslosigkeit in Großbritannien (also die Überschusskapazitäten am Arbeitsmarkt) kein rein binnenwirtschaftliches Phänomen mehr ist. Schließlich könnte das beträchtliche Reservoir an verfügbaren Arbeitskräften einen möglichen Rückgang der britischen Arbeitslosenquote durchaus beeinträchtigen. Zusätzlich gefördert wird dies auch durch die britische Tradition, ausländische Arbeitskräfte mit offenen Armen zu empfangen, die daraus resultierende multikulturelle Bevölkerungsstruktur (insbesondere in Regionen, in denen Arbeitskräfte gesucht werden) sowie den Umstand, dass die englische Sprache in vielen Ländern weltweit als erste Fremdsprache gelehrt wird. Dadurch könnte trotz niedriger Leitzinsen verhindert werden, dass die Arbeitslosigkeit in Großbritannien zurückgeht.

Selbst wenn die britische Wirtschaft auf die geldmarktpolitischen Maßnahmen reagieren und eine gewisse „Fluchtgeschwindigkeit“ erreicht werden sollte, werden die Immobilität der Arbeitnehmer in Großbritannien sowie das große Angebot an kontinentaleuropäischen Arbeitskräften großen Einfluss darauf haben, wann das Knockout-Niveau von 7 Prozent letztlich erreicht wird. Dieses Niveau also als Indikator für steigende Zinsen zu nutzen, könnte dazu führen, dass die Zinsen noch lange Zeit niedrig bleiben werden, obwohl die Konjunktur bereits wieder anzieht.

Der Wert der Vermögenswerte des Fonds und die daraus resultierenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen. Dies führt dazu, dass der Wert Ihrer Anlage steigen und fallen wird, und Sie bekommen möglicherweise weniger zurück, als Sie ursprünglich investiert haben. Die frühere Wertentwicklung stellt keinen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar.

Richard Woolnough

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